Vor Kurzem war ich bei der Jahrestagung des Segeberger Kreises. Das Thema dieses Jahr lautete: L…CKEN. Über das Verschwinden. Das war eine Steilvorlage für Blackout- oder Erasure-Texte. In einer kleinen, aber sehr feinen Gruppe von vier Frauen experimentierten wir vier Tage mit dieser Schreibform und waren sehr produktiv.

Drei Ergebnisse möchte ich mit euch teilen, jeweils eingescannt als Bild, weil die Anordnung der Wörter und die Gestaltung der Lücken mindestens so wichtig sind wie die verbliebenen Wörter selbst.

oben mit lila Holzstift, unten mit schwarzem Edding ausgestrichen; übrig bleibt von einer Textseite: mit einzelnen Wörtern In der Nacht verschwinden die Schemen tauschen gleichsam gebrochen Wenn sich Stimmen verlieren
mit einzelnen Wörtern
In der Nacht verschwinden
die Schemen
tauschen gleichsam
gebrochen
Wenn sich Stimmen verlieren
Handgeschriebener Text, großteils ausgestrichen (schwarzer Edding, grauer Holzstift, lila ausgeixt, ausgeschnitten). Von den übrigen Wörtern sind folgende mit lila Holzstift eingerahmt und mit Linien verbunden: Dieser Text – aus weißem Papier – in Buchstabenform – auf dem Weg – im luftleeren Raum – Material – Ein Rohstoff – etwas –
Dieser Text – aus weißem Papier – in Buchstabenform – auf dem Weg – im luftleeren Raum – Material – Ein Rohstoff – etwas –
mit blauem Kugelschreiber handschriftlich beschriebenes weißes Blatt, sehr viele Wörter mit schwarzem Edding oder weißem Tipp-Ex ausgestrichen, so dass eine Art Lamellenmuster entsteht. Ein rot gesteppter Faden verbindet die Wörter "tiefblau ein See" und "Fluss". Der Text, der noch zu lesen ist, lautet: auf einem Sofa – Runzeln an der Stirn – ein Baumwollkleid und eine Halskette mit einem großen runden Stein – tiefblau ein See – ein Sektglas mit einem orange farbenen Getränk – – – – – – ein weißbekappter Kopf – Fluß – ein Fuß tritt gleich auf
auf einem Sofa – Runzeln an der Stirn – ein Baumwollkleid und eine Halskette mit einem großen runden Stein – tiefblau ein See – ein Sektglas mit einem orange farbenen Getränk – – – – – ein weißbekappter Kopf – Fluß – ein Fuß tritt gleich auf

Das erste ist die von uns allen unterschiedlich ausgestrichene und gestaltete Seite 41 des Segeberger Briefes No. 106, der zur Vorbereitung dieser Jahrestagung diente. Zwei und drei sind von mir geschriebene Texte. Bild zwei in einer „Fertigungsstraße“ von meinen Gruppenkolleginnen mit verschiedenen Techniken ausgestrichen, bevor ich die Endbearbeitung machte. Beispiel drei ist biografisch geschrieben zum Thema „Bilder, die verschwinden werden“ und in drei Schritten von mir selbst bearbeitet. Ich finde es faszinierend, wie aus vorgefundenen Texten oder spontan selbst verfassten durch das Streichen, Radieren, Schwärzen, Ausixen, Gestalten irgendwann sehr verdichtete Texte aufpoppen.