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Heikes Gedichte und poetische Entdeckungen

Tractatus aestivalis

In der aktuellen Sommerhitze und da @das_lyrische_foyer auf Instagram gerade Gedichte zum Thema Von Gott und der Welt sammelt, ist mir dieses Gedicht eingefallen. Hier stammen nur Auswahl, Reihenfolge und Form von mir, das Wort- und Zahlenmaterial sowie die Kursivierungen sind von Ludwig Wittgenstein (Tractatus logico-philosophicus). Ich finde, Philosophie kann auch poetisch sein.

Tractatus aestivalis

1	das Feste zerfällt
1.1	~~Tag = Ort (2+2)

2.01		unser Gefühl hinkt. Ver
kettung. kein Netz

4.1273	der Gang des Chronometers
es regnet (nicht) morgen die
Sonne ein Wetter und Lilien
fühlbar und gewiß. beiläufig

im logischen Raum aussprechen
das So-Sein das Wollen des
Unglücklichen unter dem
Strich Mannigfaltigkeit ver
schwommen

5.253 		das Auge des ~ bekleideten
Körpers zwei Jünglinge in
der linken Hand das Ich
berühren im Spiegelbild
zwei Pferde neben Tischen
Büchern Stühlen Irrtümern
scharf bejaht und verneint
ein Mensch (von vornherein)

6.36311	schweigen. rot grün die
blaue Farbe schwarze
weiße etc. Ahnung
nicht
nicht

7	Zeit-Fleck auf Papier
scheinbare Welt.

Tagtägliches

Auf Instagram schon Ende Mai, aber den Blog habe ich in letzter Zeit sehr vernachlässigt (obwohl es einiges zu berichten gegeben hätte). Ein Gedicht, zu dem mich ein Aushang beim Bäcker um die Ecke inspiriert hat:

grauer Weg, links oben kurzgeschnittene Wiese; es läuft ein schwarzer Hund an einer Leine, linkes Bein eines Menschen; Schattenwurf nach links
Gedichttext in der Bildbeschreibung
Gabi geht Gassi

Gassirunden mit Hunden
Pinkeln will Hasso
an Rinden vom Baum

Gabi braucht Bewegung
ruft: Gabi braucht Geld
Gabi schmaucht Frischluft

Gabi hat Beutel in der
Tasche ihres Röckchens
lässt Stöckchen apportieren

und geht spazieren

Heimat vielleicht

Zum Thema Heimat ließe sich vieles dichten. Hier mein Beitrag für das_lyrische_foyer vol vii

Heimat vielleicht

im vierten Jahr baut die Amsel
ihr Nest im Lorbeerstrauch

ein Marder läuft die Wand hoch zu
seinem Unterschlupf unterm Dach

im Flur des Hauses blicke ich durch
die Scheibe auf das verlassene Nest

das_lyrische_foyer

Seit Ende September gibt es in Hamburg monatlich eine Lyriklesung unter dem Motto „Lyrik trifft Musik trifft Mensch“. Zwei Lyriker:innen, ein Thema, ein:e Musiker:in und ein Moderator (Fritz Sebastian Konka alias @fskonka). Augabe 7 zum Thema Heimat steht am 30. März an.

Das Konzept hört sich spannend an, unterhaltsam und anregend. Doch da Hamburg von mir aus ziemlich weit weg ist, kann ich nicht sagen, wie es ist dabei zu sein. Vielleicht wenn ich irgendwann einmal gegen Monatsende im Norden bin.

Warum stelle ich das trotzdem hier als Entdeckung vor? Den ganzen Monat über kann jede:r ein Gedicht zum Thema auf Instagram einreichen. Manche davon werden wohl vor Beginn der Veranstaltung auf der Leinwand gezeigt. Alle eingereichten Gedichte werden von @das_lyrische_foyer gepostet. Somit trifft „Lyrik trifft Mensch trifft Lyrik“ auch auf mich zu, die ich am anderen Ende des Landes wohne. Ich bekomme einen Themenvorschlag, zu dem ich dichten kann, lese fasziniert, was andere dazu geschrieben haben, und entdecke nebenher eine ganze Reihe von Personen, denen ich folgen mag. Für viel mehr Lyrik und Dichter:innen in der Timeline!

Blackout-Texte, nochmal anders

Vor Kurzem war ich bei der Jahrestagung des Segeberger Kreises. Das Thema dieses Jahr lautete: L…CKEN. Über das Verschwinden. Das war eine Steilvorlage für Blackout- oder Erasure-Texte. In einer kleinen, aber sehr feinen Gruppe von vier Frauen experimentierten wir vier Tage mit dieser Schreibform und waren sehr produktiv.

Drei Ergebnisse möchte ich mit euch teilen, jeweils eingescannt als Bild, weil die Anordnung der Wörter und die Gestaltung der Lücken mindestens so wichtig sind wie die verbliebenen Wörter selbst.

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eingedampft oder ausgestrichen

Unter der Überschrift „Eingedampftes“ habe ich im Schreibtraumblog ein Haiku eingestellt, das ich aus einem Gedicht von Friedericke Mayröcker geschrieben habe. Im Grunde war das auch Erasure-Poesie, weil ich nichts an dem Wortmaterial verändert und die Reihenfolge gleich gelassen habe. Deshalb wollte ich jetzt noch einmal schauen, wie es in Ausstreichungsform aussieht.

Grundlage ist ein Screenshot des Gedichts auf lyrikline.org, ich habe also digital ausgestrichen, nicht auf Papier. Heraus kommt dann das:

Zwischen in Buntstiftlook ausgestrichenen Zeilen bleiben die Worte: überaus schönes / im funkelnden Wind / welcher die Herzschläge zählt
Friedericke Mayröcker auf lyrikline.org – von mir ausgestrichen

Mir gefällt die Haikuform in diesem Fall besser. Aber einen Versuch war es wert.

Übrigens: Richtig coole Erasure-Poesie auf Deutsch und auf Englisch findet ihr bei @blackoutpoetry auf Instagram.

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